„Vier Töne gegen Stalin" - Ein Podcast über das komplizierte Vermächtnis von Dmitri Schostakowitsch

Opportunistischer Propagandist, Propagandist wider Willen oder subtiler Widerständler?

„Vier Töne gegen Stalin" - Ein Podcast über das komplizierte Vermächtnis von Dmitri Schostakowitsch
Foto: Dmitri Schostakowitsch im Publikum der Bachfeier 1950 in Leipzig

Durch Empfehlung von Alexander Matzkeit bin ich auf den vierteiligen Podcast Vier Töne gegen Stalin – Der Fall Schostakowitsch gekommen. Also eigentlich sind das vier zusammenhängende Episoden des Podcasts Alles Geschichte. Aber Potato, Potatoe.

Jedenfalls rollt der Musikjournalist Malte Hemmerich darin das komplizierte und nicht ganz klare Vermächtnis von Dmitri Schostakowitsch auf und geht der Frage nach, ob er nun opportunistischer Propagandist im Sinne Stalins, Propagandist wider Willen oder subtiler Widerständler war.

Wirklich gut gefallen hat mir die Auswahl an Gesprächspartner*innen, die Schostakowitschs Kompositionen, deren Feinheiten und ästhetische Symbolkraft wirklich klar greifbar machen. Das behaupte ich jedenfalls nicht nur als Schostakowitsch-, sondern auch als Laie in Sachen klassischer Musik.

Pluspunkt ist auch, dass die vier Episoden nicht mit Gewalt in so ein bereits völlig ausgeleiertes und bis zum Erbrechen wiederverwendetes True-Crime-Förmchen gepresst wurde.

Außerdem bin ich so auch auf Malte Hemmerichs SWR-Podcast Score Snacks aufmerksam geworden, in dem er sich tiefgreifend mit der Musik großer und kleiner Filme auseinandersetzt.

Was mir hingegen so gar nicht gefallen hat: Alle vier Folgen tragen sehr offensiv diesen „Krass, was für einen Aufriss Stalin um ein paar Noten gemacht hat; ist doch nur Musik"-Gestus vor sich her. Das lässt mehrere Schlüsse zu, die alle nicht sonderlich für die Redaktion sprechen:

  1. Man versucht sich hier auf vermeintliche Augenhöhe mit einem Publikum zu begeben, dem man nicht zutraut, Kunst ernst zu nehmen.
  2. Dieser Gestus infantilisiert Musik im Speziellen und Kunst im Allgemeinen regelrecht, spricht ihr ihr Potenzial und ihre Macht ab.
  3. Man ist selbst davon überrascht, welche Macht die Kunst haben kann.

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