Gelesen: „Serpentinen“ (2020) von Bov Bjerg
Diese Last, diese Schuld, die sich wie ein undurchdringbarer Schatten über Generationen hinweg legt, unter dem ein Mensch nach dem anderen, ein Mann nach dem anderen verschwindet. Und je nachdrücklicher man sich darum bemüht, sich des Schattens zu entledigen, desto schwerer wiegt seine Last. Der Schatten der Vergangenheit fesselt alle Kraft in der Gegenwart, verwehrt den Blick auf das Gute, auf die Dinge, die noch kommen können und werden. Der Schatten wird zum Schwarzen Loch, das die Fähigkeit frisst, nach vorne zu blicken, sein eigener Mensch zu werden, eigene Werte zu formen und weiterzugeben.
Aufgeschrieben hat das Bov Bjerg mit einer klaren Härte und harten Klarheit. Die Abfolge der Gedanken, die zum Stakkato eskalieren, immer kürzer werden, immer weniger Platz auf der Zeile einnehmen, dort schließlich allein auf weiter Flur stehen, bis sich die Spirale wieder entzerrt, Ruhe einkehrt, das ist schwer beeindruckend und zutiefst berührend. Es ist ein Spiegel des von Trauma zerfressenen Bewusstseins, des Eindringens der abgründigsten Gedanken in Träume, ins Hier und Jetzt.
Wo denn die Menschen seien, die nicht mehr am Leben waren, fragte der Junge. Bevor ich antworten konnte, sagte er: Die sind alle in die Bücher hineingestorben.
★★★★★